von Sigfried Tatschl, erschienen im Löwenzahn Verlag, 2015.
“Permakultur heute ist aus meiner Sicht nicht weniger als die Vision von einer lebenswerten Zukunft für die künftigen Generationen auf der Erde.” S. Tatschl
Dieses Buch feiert dieses Jahr seinen 10. Geburtstag. Kein Wunder, denn Sigfried Tatschl hat ein farbenstarkes, übersichtliches, kurz und bündig gehaltenes Buch herausgegeben, das wir immer wieder hervornehmen zum Nachlesen oder auf der Suche nach einem neuen foodforest-Experiment durchblätterm. Es erläutert zuerst, wieso Permakultur relevant ist und gibt sogleich eine Übersicht über die für Tatschl nützlichen Werkzeuge, Bezugsquellen und konkreten Pflanz- und Pflegemassnahmen.
Im Hauptteil fokussiert das Buch auf über 300 Seiten auf die unterschiedlichen Obstsorten und ihre Eigenheiten. Das Buch ist angenehm zu lesen, denn Tatschl wendet sich in der ich-Form an die Lesenden und ergänzt die meisten der 555 Obst-Porträts mit seinen Erfahrungen.
Mit diesem Buch befähigt Tatschl alle Interessierten alt bekannte wie auch neue Obstsorten anzubauen, zu pflegen und zu verarbeiten. Das Buch ist umfangreich und gleichzeitig gut strukturiert: jede Sorte wird im gleichen Format beschrieben. Generelle Einleitung, Herkunft, Höhe und Platzbedarf, Frosthärte, Wuchsform und Standort, Pflege, Verwendung, Vermehrung, sowie Sorten, Bezugsquellen und Tipps/Besonderheiten. So ist das Finden von spezifischen Informationen super einfach.
Bei "Verwendung" werden zu jeder Sorte angegeben, welche Teile des Obsts wie geniessbar sind. So haben wir z.B. gelernt, dass die Berberitze nicht nur ein wundervoll gelb blühender Insektenmagnet ist, sondern die Früchte auch viel Vitamin C enthalten und als Saft, Konfitüre, getrocknet oder als Gewürz in Reis und Sauerkraut verwendet werden können. Daneben können der Bast und die Wurzeln der Berberitze zum Gelbfärben gebraucht werden. Awesome - und das ist nur eine von 555 Sorten.
Im Buch sind auch diverse Rezepte im Detail beschrieben: von der Eintropfsuppe (ja, mit R geschrieben) mit Maronimehl über die Herstellung von Eichelmehl (kann das gut schmecken?) bis hin zum Wacholderpesto. Besonders gefiel uns das Rezept zum Fruchtleder selber machen, das Tatschl von einem Freund, der das Rezept in Afghanistan kennenlernte, erhalten hatte. Gerne teilen wir es mit euch hier:
Fruchtleder selbst gemacht (Sigfried Tatschl)
Hinweis: Früchte, die sich roh nicht pürieren lassen, müssen gekocht und dann püriert werden.
Vollreife, frische Früchte mit dem Mixstab / Küchenmaschine / Mörser pürieren.
Ca. 0,5cm dick auf ein Backpapier streichen und auf einem Blech/Rost bei ca. 45°-50°C im Ofen (oder Dörrapparat) während 2-3 Stunden trocknen.
Die Türe dabei einen Spalt offen lassen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann.
Wenn das Mus so trocken ist, dass du es anfassen kannst ohne dass es an den Fingern kleben bleibt, dann ist es an der Zeit, das Mus zu lösen und auf einem Geflecht oder Rost über die Heizung stellen. Dort wird es fertig getrocknet bis es so hart wie Leder ist und sich stapeln lässt.
Der Schlussteil des Buchs umfasst auch Hinweise zu invasiven Pflanzen, ein Glossar, eine Anleitung zur Herstellung torffreier, saurer Erde (Hallo Heidelbeerernte!) und eine spezielle Zusammenstellung, die Tatschl die "Vielfaltslisten für spezielle Bepflanzungen" nennt und dabei z.B. für den Kindergarten geeignete Obstsorten-Kombinationen vorstellt.
Das Buch überzeugt, weil es prägnant, übersichtlich und gluschtig geschrieben ist und als eine Art Mini-Enzyklopädie für Obst gebraucht werden kann: für die Suche bietet Tatschl neben dem alphabetischen Stichwortregister, zwei Pflanzenverzeichnisse: eins mit den botanischen Namen und eins mit den deutschen Namen.
Mit fruchtigen Grüssen aus der essbaren Stadt, euer UAB-Team
Siegfrid Tatschl zu sich (Zitat von Webseite)
"Prägend für meine persönlichen Interessen und meinen beruflichen Lebensweg waren meine Kindheitserfahrungen in einem Häuschen mit Kleinstlandwirtschaft inmitten von Großbauern im Mostviertel in Niederösterreich. Intensive Naturerfahrungen inmitten bunter Blumenwiesen mit Glockenblumen und Knabenkraut verbanden sich mit deren Verschwinden, das scheinbar über Nacht geschah. Neben den Naturerfahrungen war das Erleben sozialer Konflikte zwischen Bauernschaft und Arbeiterschaft, sowie zwischen Großbauern und Kleinhäuslern, Teil meines damaligen Lebensbezugs.
Als Sozialarbeiter mit klinischem Schwerpunkt und Sozialraumorientierung, als individualpsychologischer Psychotherapeut und als Supervisor konnte ich diese Erfahrungen gut brauchen. Sozialer Innovationsgeist, soziale Kreativität sowie das Vertrauen, dass aus brüchigen Ausgangssituationen fruchtbare und tragfähige Lebensentwürfe erwachsen können, haben mich dabei begleitet.
Zürich, meine Geburtsstadt, war in den Familienerzählungen als ein Ort der Moderne, ein Ort der Sprachenvielfalt, als ein Sehnsuchtsort immer präsent. Meine Liebe zu den großen Städten konnte ich mir durch Aufenthalte in London, Mumbai, Mexiko City erfüllen. Wien war lange Jahre mein Lebensmittelpunkt.
Mit der Gestaltung von öffentlichen Obstgärten in Gemeinden und Städten als soziale Treffpunkte, findet die Verbindung meiner sozialen und ökologischen Anliegen ihren Ausdruck."
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